Vegetarische Ernährung
VegetarierIn? Ovo? Lakto? Pesce? Flexi? VeganerIn? Oder noch extremer?
Vegetarier sind doch Vegetarier, oder? Weit gefehlt!
Etwa 9% der österreichischen Bevölkerung geben an, vegan oder vegetarisch zu leben, Tendenz steigend! Grund genug, einen Blick darauf zu werfen, was das überhaupt ist. Vegetarisch, vegan, ovo-lakto, … Vegetarismus ist quasi der Überbegriff für verschiedene Formen/Auslegungen. Der Begriff leitet sich vom englischen „vegetable“ ab. Also Gemüse und auch aus dem lateinischen „vegetare“, leben, beleben.
Die Gründe, warum sich jemand dafür entscheidet sind unterschiedlich. Als „Strömungen“ lassen sich jedoch grob 2 Richtungen erkennen: Aus ethisch-religiösen Gründen oder aus gesundheitlichen Gründen. Wenn ich Frage weshalb jemand vegetarisch oder vegan lebt, sehen die Antworten zu 99% etwa so aus (Beispiele): „Ich möchte keine Tiere mehr essen.“ , “Ich finde Massentierhaltung darf nicht unterstützt werden.” etc. oder „Ich will gesünder leben.“ Ab und an kommt auch etwas in der Art wie „Fleisch schmeckt mir einfach nicht mehr.“ Aber nun zum eigentlichen Thema dieses Beitrages, den unterschiedlichen Formen und Auslegungen!
Lakto-Ovo-Vegetarier
Sie essen pflanzliche Lebensmittel, Milch und Milchprodukte (daher das „lakto“) sowie Eier und Produkte daraus (daher das „ovo“). Es werden keine toten Tiere verzehrt, also auch kein Fett von toten Tieren und es wird in der Regel auch darauf geachtet, möglichst unverarbeitete Produkte zu verzehren.
Lakto-Vegetarier
Sie essen pflanzliche Lebensmittel, Milch und Milchprodukte („lakto“). Es werden keine Eier und Produkte daraus und keine toten Tiere verzehrt, also auch kein Fett von toten Tieren, und es wird in der Regel auch darauf geachtet, möglichst unverarbeitete Produkte zu verzehren.
Ovo-Vegetarier
Gegessen werden pflanzliche Lebensmittel, keine Milch und Milchprodukte, keine toten Tiere, kein Fett von toten Tieren, aber es werden Eier („ovo“) und Produkte daraus verzehrt.
Pescetarier
Diese werden von den vegetarischen Verbänden nicht zu den Vegetariern gezählt, in manchen Lexika sehr wohl. Pescetarier essen Fisch und Meeresfrüchte.
Flexitarier
Das Wort Flexibel ist hier im Begriff ganz deutlich zu erkennen. „Ich bin Vegetarier, aber hin und wieder essen ich auch Fleisch“. Flexitarier achten in der Regel sehr darauf, dass das Fleisch von gesunden und glücklichen Tieren kommt und der Fleischgenuss eher die Ausnahme bleibt.
Veganer
Der Veganismus ist sozusagen die strengste Form des Vegetarismus. Es wird ausschließlich pflanzliche Kost verzehrt. Auch Produkte von lebenden Tieren werden gemieden – daher keine Milch und Milchprodukte, Eier und auch kein Honig. Manche gehen so weit, auch keine Schuhe, Taschen und Kleider aus Leder oder Seide zu tragen.
“Pudding”-Vegetarier
So nennen wir Ernährungsberater scherzhaft gerne Personen, die sich vegetarisch ernähren möchten, aber dabei eher auf die süße Seite gefallen sind. Sozusagen auf die Marmeladenseite. Süßspeisen (Pudding, Schmarrn, Palatschinken, …) und Fertigprodukte stehen häufig auf dem Speiseplan. Sie ernähren sich grundsätzlich eher unausgewogen! Viele Damen und Herren die zu mir kommen und “gesund” unterwegs sind tappen in eine ähnliche Falle. Es gibt zwar Gemüse, wobei mein “viel” ein anderes viel ist als das “eh viel” der Damen und Herren ;)… Getreide, Beilagen… aber es wird aufs Protein vergessen. Ja, es gibt vegetarische und vegane Proteinquellen! Aber es geht noch weiter! Da gibt es noch die
Rohköstler
Diese Ernährungsform stellt eine Sonderform des Veganismus dar. Wie das Wort schon vermuten lässt, wird Nahrung nur in roher Form gegessen! Rohes Gemüse, Obst und Nüsse stehen täglich auf dem Speiseplan. Wichtig ist den Rohköstlern, dass die Nahrung nicht über 40° erhitzt wird. Wenn etwas nicht roh gegessen werden kann, wird es auch nicht gegessen. Dadurch fällt einiges aus dem Speiseplan heraus! Manche essen auch hin und wieder rohes Fleisch, das ist eher selten und sie zählen dann auch nicht zu den Vegetariern. Hängen wir also an die Veganer noch die Rohköstler dran.
Frutarier
Hier steckt das Wort „Frucht“ im Begriff. Mit Frucht ist hier aber nicht nur das Obst gemeint, sondern auch das Gemüse. Frutarier essen nur Obst und Gemüse, wenn es die Pflanze nicht beschädigt, also wenn die “Mutterpflanze” überlebt. Beispiel: Einen Apfel zu essen ist ok, da der Baum nicht beschädigt wird. Eine Karotte zu essen wäre nicht ok, da ja die ganze Karotte dabei vernichtet wird. Getreide wird von manchen Frutariern verzehrt und von manchen abgelehnt…
Bewertung der Kostform (en)
Vegetarier die sich ausgewogen ernähren, bunt und vielfältig und ab und an auch Milchprodukte, Eier oder den einen oder anderen Fisch mit in ihre Ernährung nehmen, können dies ohne Bedenken auch langfristig tun. Die Betonung liegt aber auf ausgewogen, bunt und vielfältig (ich sage nur: Hülsenfrüchte!). Auch das Ausnutzen der biologischen Wertigkeit/des biologischen Ergänzungswertes gehört hier dazu. Wie für alle anderen Menschen gilt auch, sich regelmäßig untersuchen zu lassen und evtl. auch einmal eine Beratung in Anspruch zu nehmen, also sich gut zu informieren!
Veganer haben es hier schon etwas schwerer. Man muss sich sehr genau informieren, Zeit investieren und seine Mahlzeiten sehr bewusst zusammenstellen. Zudem ist es unerlässlich gewisse Vitamine in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzunehmen und den Blutbefund diesbezüglich regelmässig checken zu lassen. Aber das empfehle ich eigentlich jedem.
Mögliche kritische Nährstoffe:
- Protein – Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorngetreide, Ölsamen und Kartoffeln gezielt kombinieren (z. B. Getreide mit Hülsenfrüchten, Sojaprodukten und/oder Ölsamen).
- B12 – muss supplementiert werden. Achtung: Auch ältere Menschen können einen B12-Mangel entwickeln – ganz ohne vegane Ernährung!
- Omega 3 FS – angereicherte Lebensmittel verwenden oder supplementieren mittels Algenöl-Präparaten, über pflanzliche Quellen zugeführte Alpha-Linolensäure wird nur zu einem Bruchteil in die essenzielle Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt.
- Vitamin D – dieses fettlösliche Vitamin gehört übrigens auch bei Omnivoren zu den kritischen Nährstoffen.
- Riboflavin (B2)
- Calcium – auch hier kann auf angereicherte Lebensmittel zurückgegriffen werden.
- Iod
- Eisen
- Zink
- Selen
Natürlich kann jeder der sich unausgewogen ernährt Mängel entwickeln, Vegetarier und Veganer haben aber möglicherweise ein höheres Risiko.
Ist vegane Ernährung für jeden gesund und sicher?
Viele ExpertInnen meinen, dass es für Schwangere, Stillende, Kinder im Wachstum nicht empfehlenswert ist, sich vegan zu ernähren. Vertreter der Veganen Gesellschaften sind hier anderer Meinung. Persönlich schließe ich mich der Meinung an, dass gesunde Erwachsene, wenn sie das möchten, sich vegan ernähren können, aber sich wirklich gut informieren sollten. Sie sollten sich auch bewusst sein, dass gerade zu Beginn viel Zeit nötig ist um sich sinnvoll damit auseinanderzusetzen und die Ernährung gut zu planen. Für diese besondere Zeit – Schwangerschaft, Stillzeit und für die Kinderernährung – bitte sucht euch Unterstützung, und auch sonst wenn ihr das braucht. Ich bin hier nicht die richtige für euch, da ich nicht so der Vegan-Fan bin. Aber ich kann euch meine liebe Kollegin und Freundin Anna Moor empfehlen, sie ist Diätologin, so wie ich, und lebt seit Jahren gesund und fit vegan! Sie hat sich auf diese Ernährungsform spezialisiert. Hier findest du Anna. Bezüglich „vegan ist noch gesünder als vegetarisch“, kann derzeit keine schlüssige Aussage getroffen werden. Es gibt diesbezüglich noch keine aussagekräftigen Studien.
Vegetarische/Vegane Ersatzprodukte?
…sind ebenfalls kritisch zu betrachten. Viel Fett, besonders gesättigte Fettsäuren, viele Zusatzstoffe, große Mengen an Hefeextrakt um einen guten Geschmack zu erreichen ergeben in Summe oft ein nicht gerade gesundes Produkt. Normale Wurst sollte, wenn wir schon von Zusatzstoffen sprechen, übrigens auch eher sparsam gegessen werden.
Umgekehrt – der Vegetarismus und (mit den oben genannten Limitierungen) auch der Veganismus bieten auch eine Chance sich gesünder zu ernähren. Weniger tierische Lebensmittel und mehr pflanzliche Lebensmittel, die Auseinandersetzung mit den Lebensmitteln an sich, deren Herstellung und deren Zubereitung, die Reduktion/Vermeidung eines Übermaßes an industriell gefertigter Nahrung sind sehr empfehlenswert! Das ist aber auch mit einer omnivoren Ernährung möglich, denn ein Übermaß an verarbeiteten Fleischprodukten und täglich Wurst entspricht auch nicht den Empfehlungen der gesunden Ernährung. Auch bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kann eine Reduktion tierischer Lebensmittel Erleichterung bringen. Die Beschäftigung mit gesunden, pflanzlichen Lebensmitteln kann auch bei den sogenannten Zivilisationskrankheiten hilfreich sein.
Zu beachten ist:
Je extremer eine Ernährungsform ist, desto größer wird das Risiko auf längere Sicht Mangelerscheinungen zu entwickeln. Beispielsweise ist es nicht empfehlenswert, immer nur alles roh zu sich zu nehmen, wie es Rohköstler tun. Gerade bei Gemüse schließt das Erhitzen manche Nährstoffe erst auf, sodaß wir sie gut aufnehmen können. Aus reifem Obst können wir beispielsweise Provitamin A und E direkt aufnehmen, ebenso das Lykopin aus reifen Tomaten. Bei Karotten, Kartoffeln und Brokkoli sind diese lipohilen Mikronährstoffe jedoch gebunden und nicht unmittelbar für unseren Stoffwechsel verfügbar. Hier hilft das Erhitzen! Selbstverständlich sollte das Gemüse nicht “totgekocht” werden. Kurzes Anbraten, blanchieren, sanftes Dämpfen oder Dünsten sind ideal. Frutarische und Rohkost Ernährung sind definitiv nicht als Langzeiternährung gedacht! Und nein – du kriegst damit definitiv nicht genug Proteine. Das kommt auch noch dazu.
Das Thema ist damit sicherlich nicht erschöpfend behandelt, man könnte wohl noch stundenlang darüber diskutieren und viele weitere Seiten füllen! 🙂 Es gibt bereits viele schlaue Bücher zu dem Thema. Ich hoffe aber, damit einen ersten Überblick mit den (mir) wichtigsten Eckpunkten geliefert zu haben.
Weiterführende Informationen/Quellen:
- DGE-Position „Vegane Ernährung“, Ernährungsumschau: https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/15-04-2016-vegane-ernaehrung/
- Kurzvorträge bei der ÖGE-Tagung 24.11.2016 – Pro & Contra Vegane Ernährung, unter Anderem Katharina Petter (Vegane Gesellschaft Österreichs), Cem Ekmekcioglu (Medizinische Universität Wien, Public Health, Regine Schönlechner (Univ. für Bodenkultur, Lebensmitteltechnologie)
- Österreichische Gesellschaft für Ernährung: http://www.oege.at/index.php/component/content/article/54-bildung-information/ernaehrung-von-a-z/1788-vegetarische-ernaehrung
- Vegane Gesellschaft Österreich: https://vegan.at/
- 100 Ernährungs-Mythen, Verein für Konsumenteninformation (Hrsg.), Buch erhältlich über: http://www.konsument.at/presse/100-ernaehrungs-mythen-auf-dem-pruefstand-09-11-2016
- Wikipedia – Stichwort Vegetarismus: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vegetarismus&oldid=160074558
- Garverfahren für pflanzliche Lebensmittel und deren Einfluss auf Mikronährstoffe, Teil 1 und 2, Ernährungsumschau, 2013: https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/15-08-2013-garverfahren-fuer-pflanzliche-lebensmittel-und-deren-einfluss-auf-mikronaehrstoffe-teil-1/
Dieser Beitrag ist Teil der Reihe: Diät oder Ernährungsform?