„Ja ich schau eh, dass ich nicht mehr als 1000 kcal pro Tag esse.“

Da gruselt es die Diätologin gleich in mehrerer Hinsicht!

Immer wieder werde ich gefragt, was denn wie viele kcal enthält

und wie viele man denn essen darf, und ob man denn andererseits überhaupt Kalorien zählen muss. Ok, das eine oder andere weiß ich tatsächlich so in etwa auswendig, aber wirklich nicht alles. Dafür gibt es glücklicherweise Tabellen und Nährwertprogramme. Die nächste Frage bzw. der nächste Kommentar ist dann oft mal: „Ja ich schau eh, dass ich nicht mehr als 1000 kcal pro Tag esse.“ Da gruselt es die Diätologin gleich mehrmals:

  • Erstens sind 1000 kcal wirklich zu wenig und es ist keine gute Idee das als permanentes Tagesziel zu haben.
  • Zweitens sind es ohnehin meistens mehr da viele Menschen nicht korrekt tracken.
  • Drittens liefern unterschiedliche Apps/Nährwertprogramme und Angaben in Kochbüchern teilweise große Unterschiede was die Nährwerte betrifft.
  • Viertens kommt es nicht nur darauf an wie viele kcal ein Lebensmittel hat, sondern auch „welche“ kcal. Also aus Fett, Eiweiß, Kohlenhydraten? Welches Fett und welche Kohlenhydrate? In welchem Verhältnis?
  • Fünftens kann dem Einen oder der Anderen das kcal zählen auf die Dauer den Genuss verleiden und eeeetwas unentspannt machen. Und Stress haben wir ohnehin schon genug! Hab ich Recht?
Wie, was jetzt, also nicht zählen???
  • Also ja, ich hab gelernt wie man Kalorien „zählt“.
  • Ja, ich weiß von manchen Gerichten und Lebensmitteln in etwa die Kalorienzahl.
  • Ja, ich kann berechnen, wie viele Kalorien du pro Tag zu dir nehmen solltest, auch aus einem gut geführten Ernährungstagebuch lässt sich annähernd(!) abschätzen, wie es mit der Kalorienaufnahme verhält.
  • Ja, im Supermarkt drehe ich jedes Lebensmittel (neue Produkte die mir auffallen) um und schaue mir die Nährwerttabelle und die Zutatenliste an (Berufskrankheit 😉 ).
  • Ja, manchmal macht es Sinn und ist gut Kalorien/Makros zu tracken.
Das Wichtigste ist es in Summe aber, gute, wertvolle Lebensmittel zu verwenden,

so viel als möglich selbst zu machen und auf industriell gefertigte Zuckerbomben zu verzichten, mit Genuss und in Ruhe zu speisen und zu kauen und vor allem den Protein und Mikronährstoffbedarf wirklich zu decken!

Es muss aber auch nicht die 100% “clean” – Variante sein, es soll sich ja schließlich im Alltag auch umsetzen lassen und nicht zu einer Belastung werden. Also Schokolade und ein Glasl Wein sind auch mal drin. Etwas Aufwand und Wille ist aber bei jeder Umstellung notwendig. Auch beim sogenannten Achtsam Essen oder Intuitiv essen ist Aufwand nötig. Hier ist es der Aufwand, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Wenn man das nicht will, oder denkt man könnte diesen Schritt auslassen, dann wirds nicht klappen.

Am Beginn einer Ernährungsumstellung ist es meiner Meinung nach tatsächlich sinnvoll, sich Verpackungen genauer anzusehen, Portionen manchmal auch abzuwiegen und die Kalorien daraus abzuleiten. Sich ein bisschen damit auseinanderzusetzen, wie ein Lebensmittel „beschaffen“ ist und was man da zu sich nimmt. Aber nach einer Weile hat man es im Gefühl und muss das nicht mehr so genau machen.

Es gibt ganz sicher auch Ausnahmen und Personen die einen etwas strikteren Plan bevorzugen und denen das Tracken Spaß macht. Manchmal ist auch irgendwo “der Hund drin” (Stichwort “ich ess ja eh schon nix mehr” und “Ursachensuche”) und man kommt nicht weiter, oder es ist wichtig auf genügend von Nährstoff XY zu kommen. Dann finde ich Apps zum kcal zählen ganz gut. 2 Wochen mal wirklich genau protokollieren, damit man sieht, wo es hakt. Immer wieder mal eine Stichprobe machen. Das bringt natürlich nur etwas, wenn ich es wirklich ordentlich mache, denn wir alle, auch DiätologInnen und ErnährungsberaterInnen neigen dazu, die aufgenommenen kcal zu unterschätzen und uns selbst zu beschummeln…

Und wenn man ein bestimmtes, ehrgeiziges Ziel hat, ein Leistungsziel hat, den Körper formen will, Muskelaufbau mit einem Ziel “sichtbare Muskeln” verfolgt, wenn es darum geht aus welchen Gründen auch immer einen niedrigen Körperfettanteil zu erreichen, dann ist genaueres Tracken und die Zusammenstellung der Makronährstoffe doch erforderlich. Wie soll man sonst wissen, ob man auf seine 1,2g Protein etc. kommt.

Nun gibt es “neue” Themen in der Ernährungswelt wie Achtsam essen, Intuitives Essen. Beides sind super Ansätze, um sich seines eigenen Essverhaltens bewusst zu werden, aus dem “Diätkreislauf” auszubrechen, von “Verboten und Erlaubt” wegzukommen, den Stress rauszunehmen, den man sich oft zusätzlich selbst macht, wenn es ums Abnehmen geht.

Achtsam essen bedeutet vereinfacht gesagt Essen mit Bauchgefühl und Herz, ohne Plan,

dem Essen und dem Essverhalten wird Aufmerksamkeit geschenkt, man konzentriert sich auf das Essen, ohne Wertung hinsichtlich EW, F, KH, kcal. Die Ursprünge kommen aus dem Thema Achtsamkeit, dem Buddhismus und von Jon Kabat-Zinn (USA), der ein Achtsamkeit basiertes Stressmanagement-Programm entwickelt hat. Man kann sich dabei selbst Fragen stellen wie z.B.:

  • Warum esse ich?
  • Warum esse ich jetzt (wann)?
  • Was tut mir gut?
  • Wie wähle ich mein Essen aus?
  • Welche Emotionen entstehen beim essen, mit welchen Emotionen setze ich mich zum Essen?
  • Wann bin ich satt?

So lernt man sehr viel über sich selbst, gewinnt Erkenntnisse, kann Glaubenssätzen begegnen.

Intuitives Essen bedeutet vereinfacht, nur dann zu essen wenn man Hunger hat und aufhören zu essen, wenn man satt ist.

Man hört auf die Signale seines Körpers und geht weg von “Frühstück-Mittag-Abendessen” oder anderen Regeln. Das Konzept gibt es bereits seit 1995 und wurde von 2 amerikanischen Diätologinnen entwickelt. Sie haben dazu “10 Principles of Intuitive Eating” formuliert. Z.B.:

  1. Reject the Diet Mentality
  2. Honor Your Hunger
  3. Make Peace with Food
  4. Challenge the Food Police
  5. Respect Your Fullness

Quelle: https://www.intuitiveeating.org/definition-of-intuitive-eating/

Diese beiden Konzepte haben also einiges gemeinsam.

Aber wie stehe ich nun dazu, und zum Kalorienzählen und Überhaupt…?

Nun, ich versuche das Beste aus allen Bereichen zu verwenden, zu empfehlen, und daraus für meine KundInnen eine individuelle Ernährungsberatung zu stricken – dabei berücksichtige ich aber auch was ernährungstherapeutisch nötig ist. Ein Darm, der gerade Probleme macht/hat, wird möglicherweise keine Freude haben mit intuitiv essen. Eine Fettleber erfordert – zumindest für eine Weile – eine entsprechende Zusammenstellung der Makronährstoffe, auch wenn die Intuition gerade nach “Eis” schreit. Eine Insulinresistenz oder ein Diabetes benötigen eine andere Art der Achtsamkeit. Ein Muskelaufbauziel braucht… Das bedeutet, es hängt von der Kundin/dem Kunden, dem Ziel und den Erfordernissen ab.

Ich habe KundInnen,

  • die eine Weile genau tracken, was sie tun und essen,
  • die nur mit dem Tellermodell arbeiten,
  • die mit Low Carb Varianten super zurechtkommen, und Erfolg haben,
  • die “Schonkost” benötigen,
  • die eine Ernährungstherapie bezüglich Problemen mit Fruktose/Laktose/Histamin/… folgen,
  • die lernen zu genießen, beim Essen zu sein, zu kauen, Stress und Frust anders zu bewältigen.

Ich hoffe, ich habe dir damit einen kleinen Einblick geliefert in das Thema Kalorienzählen (und Co) ja oder nein. Am Besten ist es natürlich, wenn wir uns persönlich darüber unterhalten, was für DICH passend und gut sein könnte.