Ich habe mir vor einiger Zeit die Mühe gemacht, verschiedene Diäten bzw. Ernährungsformen (je nach Auslegung) hinsichtlich der Nährwerte auszurechnen (Fehler können sich da natürlich eingeschlichen haben, aber so im Großen und Ganzen stimmt das schon 😉 ). Der(Haupt)Grund dafür war meine damalige Abschlussarbeit, ein weiterer Grund die Argumentation, dass diese bestimmten Diäten allesamt zu wenig Ballaststoffe hätten und zuviel Eiweiß. Teilweise stimmts, besonders, wenn man den Empfehlungen laut DACH Gesellschaften folgt. Aber es gab auch Beispiele, die meiner Meinung nach diesen Empfehlungen überlegen sind. Ich erlaube mir also hier Auszüge (teilweise etwas umformuliert/abgeändert/ergänzt) aus meiner Arbeit zu bringen 🙂

Die folgenden Beiträge besprechen die

  1. Die Atkins Diät
  2. LCHF/Ketogene Diät
  3. LOGI Methode
  4. Paleo Diät

TEIL 1 – Atkins Diät

Kurz zur Erinnerung, wie wird „Low Carb“ definiert?

Bei „Low Carbohydrate“ geht es um die teilweise starke Einschränkung der Kohlenhydrate (KH), sodass es wenn gewünscht auch zur Bildung von Ketonkörpern (auch ketogene Ernährung ist low carb) kommt. Dies soll zur Gewichtsreduktion und dem Abbau von Körperfett führen. Empfohlen werden dazu zwischen 20 und 60g KH, also etwa 5-10% der Tagesenergie als Maximum. Gemäßigte Varianten mit 10-30% bewirken eine moderatere Gewichtsabnahme und beeinflussen Risikofaktoren wie etwa Bluthochdruck und Lipidstoffwechselparameter kaum, beziehungsweise positiv (Biesalski und Grimm 2011).

Sucht man nach einer Definition von Low Carb, sowie einheitlichen Angaben hinsichtlich der zuzuführenden Menge an Kohlenhydraten, findet man unterschiedlichste Angaben. Es sind verschiedene Formen von Low Carb und ketogenen Diäten zu finden, die jeweils unterschiedliche Angaben zur Kohlenhydratmenge machen. Auch die Abgrenzung zu High Protein Diäten ist oft schwierig, da es auch diesbezüglich keine einheitlichen Definitionen gibt. Wie auch bei Low Carb reicht die Bandbreite von schlicht „more than 15%“, bis „large amounts“, die dann häufig nicht näher definiert werden. Pesta und Samuel listen in ihrem Artikel „A high-protein diet for reducing body fat: mechanisms and possible caveats“ etwa folgende Diäten als High-Protein Diäten auf: Zone mit 34%, Atkins mit 35% EW, South Beach mit 39% EW, Stillman mit sogar 64% und definieren High-Protein mit über 0,8g/kg KG oder über den üblichen 15-16% der Tagesenergie (Pesta und Samuel 2014).

In einer Arbeit von Feinman et al. mit dem Titel „Dietary carbohydrate restriction as the first approach in diabetes management: Critical review and evidence base“ schlagen die Autoren zur Klärung der Begrifflichkeiten Definitionen und Unterteilungen vor, die auf der Häufigkeit der Verwendung in anderen Publikationen basieren (Feinman et al. 2015):

  • Very low-carbohydrate ketogenic diet (VLCKD): mit 20 bis 50g KH pro Tag führt eine solche Diät bei den meisten Personen zur Ketose
  • Low-carbohydrate diet (LCD): mit weniger als 130g KH pro Tag oder weniger als 26% des Tagesbedarfs an Energie
  • Moderate-Carbohydrate diet (MCD): mit 26 bis 45% des Tagesbedarfs an Energie

Aber nun zur Atkins Diät:

Beschrieben aus dem Buch von Westman, Phinney und Volek, „Die aktuelle Atkins Diät“ (Westman et al. 2011). Eiweiß wird im Buch von den Autoren als die „Wunderwaffe“ beschrieben, die Diät will jedoch keine „Eiweißdiät“ sein. Also ja, ich halte EW auch für immens wichtig, aber da gehts schon massiv zur Sache… Die Verzehrsmengen belaufen sich laut Buch typischerweise auf 370 bis 625g proteinhaltiger Lebensmittel, zu jeder Mahlzeit (!) sollten also ca. 115 bis 170g eines Eiweißträgers verspeist werden. Zur Berechnung eines Tagesbeispieles wurde ein Tagesmahlzeitenplan für Phase 3 bez. 4 mit mittlerem Nettokohlenhydratgehalt herangezogen. Die Rezepte wurden dem Buch entnommen:

  • Frühstück: Omelette mit Pilzen (2 Eier, 4 EL sautierte Shitakepilze, 55g geriebener Cheddarkäse, 125ml Tomatensaft)
  • Snack: 55g Mandeln, 90g Cantaloupemelone
  • Mittagessen: Grillhähnchen (ohne Mengenangabe, für die Berechnung wurde die Mengenangabe ½ gewählt) mit Salat (Grillhähnchen, 2 EL Erdnusssauce, 2 Tassen Blattsalat, ½ Tasse grüner Paprika, 125ml Jicama-Würfel, 2 mittlere geraspelte Möhren, 55g gegarte Maiskörner, 2 EL italienisches Dressing)
  • Snack: 1 mittelgroße Aprikose, 125ml Vollmilchjoghurt
  • Abendessen: Lammspieße mit Kichererbsen und Salat (2 Lammspieße, 75g gegarte Kichererbsen, 2 Tassen Blattsalat, 4 marinierte Artischockenherzen, 5 schwarze Oliven, 30g Blauschimmelkäse, 1 kleine Tomate, 2 EL griechische Vinaigrette)

Tabelle 1: Nährstoffverteilung in % eines mit dem Nährwertprogramm nut.s berechneten Beispieltages

  DACH* (Empfehlung)
Beispieltag (nach Atkins)
  Energie: 2214,9kcal
KH % 55 15
Eiweiß % 15 24
Fett % 30 61
ges. FS % Max. 10 16
e.u. FS % Mehr als 10 32
m.u. FS % 7-10 9
Omega 3 FS % 0,5 1
Omega 6 FS % 2,5 8
Cholesterin mg 300mg 786,6mg
Ballaststoffe g 30g 33,3g

*Anmerkung: DACH Referenzwerte 2015 (Deutsche Gesellschaft für Ernährung et al. 2015) und Rationalisierungsschema 2004 (Kluthe et al. 2004)

Tabelle 2: Aufschlüsselung der Nahrungsfette

   Fett gesamt in g  gesättigte Fettsäuren g  Einfach ungesättigte Fettsäuren g  Mehrfach ungesättigte Fettsäuren g Omega-3 mg Omega-6 mg Cholesterin mg
  149,6 39,7 79,1 21,2 2078,1 19100,1 786,6
% der Tagesenergie 61 16 32 9 1 8

Besondere Merkmale des Tagesbeispiels und der Diät:

  • Die Zufuhr von Omega 6 und Omega 3 Fettsäuren sollte in einem Verhältnis von 5 (Omega 6) zu 1 (Omega 3) stattfinden (Deutsche Gesellschaft für Ernährung et al. 2015). Bei der Atkins Diät wurde am Beispieltag ein Verhältnis von grob 9 zu 1 erreicht.
  • Die Gesamtfettzufuhr ist mit 61%, gegeben durch die Natur der Diät, sehr hoch, die Zufuhr an gesättigten Fettsäuren mit 16% ebenfalls höher als empfohlen.
  • Der Eiweißanteil liegt im Beispieltag mit 24% der Tagesenergie sehr hoch. Bei einem Tagesenergiebedarf von 2000kcal wären 24% 480kcal beziehungsweise 120g EW, dies liegt somit eindeutig über den Empfehlungen der gesunden Ernährung. Und – die EW Empfehlung aus dem Buch wird mit dem Beispiel gar nicht erreicht, auch spannend.
  • Die Cholesterinzufuhr liegt mit 786,6mg am Beispieltag mehr als das Doppelte über den Empfehlungen der gesunden Ernährung. Allerdings findet sich in der Leitlinie Fettzufuhr und Prävention der Adipositas dazu folgende Aussage: „Die Evidenz ist überzeugend, dass das Nahrungscholesterol die Gesamt- und LDL-Cholesterolkonzentration im Plasma gering anhebt. (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 2015)
  • Die Diät läuft in vier wie ich fand sehr detailreichen Phasen ab: Einleitungsdiät mit einer Kohlenhydratzufuhr von 20g „Nettokohlenhydrate“ (= ohne Ballaststoffanteil), Dauergewichtsabnahme mit stufenweiser Erhöhung des Kohlenhydratanteils, Vor-Erhaltungsdiät mit stufenweiser Erhöhung des Kohlenhydratanteils und Einführung „neuer“ Kohlenhydrathaltiger Lebensmittel sowie die Lebenslange Erhaltungsdiät in zwei Varianten (<50g und >50g Nettokohlenhydrate, je nach „Verträglichkeit“).

Es stellt sich mir bei dieser komplexen Vorgangsweise die Frage nach der Praktikabilität im Alltag und der Durchhaltbarkeit…

Spannende Geschichte, oder?

 

Literatur:

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung; Österreichische Gesellschaft für Ernährung; Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung (2015): D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Aufl. Neustadt an der Weinstraße: Neuer Umschau Buchverl.
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2015): Evidenz-basierte Leitlinie – Fettzufuhr und Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen. Unter Mitarbeit von Günther Wolfram, Angela Bechthold und Heiner et.al. Boeing. Online verfügbar unter https://www.dge.de/wissenschaft/leitlinien/leitlinie-fett/, zuletzt geprüft am 21.11.2015.
  • Elmadfa, Ibrahim (Hg.) (2012): Österreichischer Ernährungsbericht 2012. 1. Aufl. Wien: Bundesministerium für Gesundheit.
  • Feinman, Richard D.; Pogozelski, Wendy K.; Astrup, Arne; Bernstein, Richard K.; Fine, Eugene J.; Westman, Eric C. et al. (2015): Dietary carbohydrate restriction as the first approach in diabetes management: critical review and evidence base. In: Nutrition 31 (1), S. 1–13. DOI: 10.1016/j.nut.2014.06.011.
  • Kluthe, R.; Dittrich, A.; Everding, R.; Gebhardt, A.; Hund-Wissner, E.; Kasper, H. et al. (2004): Rationalisation Scheme 2004 of the Association of German Nutritional Physicians, the German Obesity Association, the German Academy of Nutritional Medicine (DAEM), the German Nutrition Society (DGE), the German Society for Nutritional Medicine (DGEM), the German Association of Dieticians (VDD), the Association of Home Economists and Nutrition Scientists (VDO E ). In: Akt Ernähr Med 29 (5), S. 245–253. DOI: 10.1055/s-2004-828365.
  • LCHF.de (2016): LCHF. Online verfügbar unter http://lchf.de/, zuletzt geprüft am 06.01.2016.
  • Pesta, Dominik H.; Samuel, Varman T. (2014): A high-protein diet for reducing body fat: mechanisms and possible caveats. In: Nutrition & metabolism 11 (1), S. 53. DOI: 10.1186/1743-7075-11-53.
  • Schwingshackl, Lukas; Hoffmann, Georg (2014): Comparison of high vs. normal/low protein diets on renal function in subjects without chronic kidney disease: a systematic review and meta-analysis. In: PloS one 9 (5), S. e97656. DOI: 10.1371/journal.pone.0097656.
  • Tarantino, Giovanni; Citro, Vincenzo; Finelli, Carmine (2015): Hype or Reality: Should Patients with Metabolic Syndrome-related NAFLD be on the Hunter-Gatherer (Paleo) Diet to Decrease Morbidity? In: Journal of gastrointestinal and liver diseases : JGLD 24 (3), S. 359–368. DOI: 10.15403/jgld.2014.1121.243.gta.
  • Westman, Eric C.; Phinney, Stephen D.; Volek, Jeff S. (2011): Die aktuelle Atkins-Diät. Das Erfolgsprogramm von Ärzten optimiert ; [bis zu 7 Kilo leichter in 2 Wochen]. Dt. Erstausg., 6. Aufl. München: Goldmann (Goldmann, 17240).
  • Worm, Nicolai; Muliar, Doris (2005): Low Carb. Die Ernährungsrevolution ; so kochen Sie sich schlank. 2. [Aufl.]. München: Gräfe und Unzer.

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